Die Regale der Buchhandlungen sind zurzeit voll mit Ratgebern zum Thema Zeitmanagement.
Zeitmangel scheint vielen von uns unter den Nägeln zu brennen.
„Ich habe zu wenig Zeit.“
„Ich weiss gar nicht, wann ich das alles machen soll!“
Solche Gedanken kommen den meisten von uns wahrscheinlich bekannt vor.
Doch haben wir wirklich weniger Zeit?
Der Tag misst für jeden von uns immer noch 24 Stunden.
Daran hat sich die letzten Jahrtausende wenig geändert.
Was drücken wir dann mit unserem Klagen aus?
Vielleicht dass wir zu wenig Prioritäten setzen?
Haben wir überhaupt Prioritäten?
Können wir Nein sagen?
Macht es Sinn, auf das eine oder andere zu verzichten?
Hat der „Zeitmangel“ eventuell etwas mit uns zu tun?
Jetzt wird das Thema schon unangenehmer.
Wenn wir unser Handeln oder gar unsere Gewohnheiten in Frage stellen,
hört bei vielen von uns die Bereitschaft auf,
tiefer in die Sache einzusteigen.
Am bequemsten sind zunächst bestimmte Techniken wie „Gettings Things Done“,
die uns helfen, systematisch vorzugehen und mehr in weniger Zeit zu erledigen.
Doch was passiert mit dem gewonnenen Freiraum?
Oftmals wird er mit neuen Aufgaben gefüllt.
Dann haben wir zwar mehr geschafft, aber genauso wenig Zeit wie vorher.
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch.
Zeitplanungstechniken wende ich auch gerne an.
Doch das Dilemma sitzt meines Erachtens woanders.
Die Frage ist doch eher: Müssen wir all das machen, was auf unserer Agenda steht?
Sich diese Frage nach und nach zu beantworten, erfordert meines Erachtens Mut.
Mut sich zu hinterfragen, Mut zu verzichten und Mut Prioritäten zu setzen.
Doch der Lohn hat es in sich.
Mehr Freiheit, mehr Klarheit und mehr Lebensqualität.
Ist es nicht eher so, dass man heutzutage gar nicht mehr zugeben darf, dass man Zeit hat?? Denn das würde ja bedeuten, man sei nicht mehr wichtig. Oder Leute könnten denken, man sei arbeitslos…
Vielleicht macht es Sinn, eine neue Haltung anzunehmen. So nach dem Motto: Ich habe Zeit, weil ich gut für mich sorge. Ich habe Zeit, weil ich gut planen kann …
Dies würde aber bedeuten, dass man Zeit hat noch mehr zu erledigen. Oder anders gesagt, wer Zeit hat (oder den Anschein macht diese zu haben), ist noch nicht genug ausgelastet oder kann noch mehr für den Betrieb leisten.
Ich erlebe das „ich habe aber keine Zeit“ als Nein und als Selbstschutz und nicht als, ich habe es nicht im Griff.
Das „Zeit haben weil ich mich Sorge“-Prinzip mag im privaten durchaus sinnvoll sein, aber im beruflichen Umfeld ist dies ein Schrei nach noch mehr Arbeit…
Die von dir beschriebene Haltung kann ich nachvollziehen. Gerade im beruflichen Umfeld. Für mich ist es allerdings eine Illusion, immer mehr in guter Qualität zu schaffen. Es gehört natürlich Mut dazu, diese Meinung zu vertreten. Nein sagen und Prioritäten zu setzen, ermöglicht mir Freiraum. Diesen brauche ich, um gute Arbeit abzuliefern. Wenn ich Augenscheinlich nicht arbeite, heisst das ja nicht, unproduktiv zu sein. Leistung resultiert meines Erachtens nach dem Prinzip Anspannung und Entspannung. Ohne kreative Pausen verkommt die Arbeit leicht zu hektischem Aktivismus.
Genau betrachtet ist Eile nichts anderes als eine Form von Panik. Sie hindert uns daran, nüchtern über eine Sache nachzudenken und eine Situation zu relativieren. Wie fatal Eile sein kann, wird bei Katastrophen wie einem Brand in einem Kino, Diskothek und ähnlichen Orten deutlich, wenn riesige Menschentrauben zu den Ausgängen drängen. Die ausgelöste Panik hat häufig verheerende Folgen als die Katastrophe selbst: Die meisten Toten und Verletzten entstehen durch das Gedränge.
Eile und Gewissenhaftigkeit lassen sich nur schwer miteinander vereinbaren. Dich zur Ruhe zu zwingen, wenn du es eilig hast, verlangt zwar ein hohes Maß an Selbstbeherrschung, aber es zahlt sich aus, denn du vermeidest zeitraubende Fehler.
Manchmal stellt sich im Nachhinein heraus, dass du mehr Zeit hattest, als du glaubtest, insbesondere dann, wenn es andere sind, die dich zur Eile gemahnt haben. Was sie manchmal dramatisch als „deadline“ bezeichnen, ist ganz einfach nur der Zeitpunkt, ab dem sie die Arbeit eines anderen nicht mehr in aller Ruhe verwerten können.
Die Angst, man könne sie durchschauen, lässt sie sogar falsche Termine setzen -wie Eltern, die die Uhr vorstellen, um ihre Kinder rechtzeitig ins Bett zu bekommen.
Danke für den tollen Artikel. Eine Überlegung wert.
Die Frage ist für mich, inwieweit ich gar nicht selber lebe, sondern gelebt werde. Es fängt mit den eigenen Zielen an. Oft gehen wir ständig in gewisse Vorstellungen, nur um nicht zu spüren, wie wir uns fühlen. Die Vorstellungen überdecken das dann und erzeugen ein Scheingefühl. Aber die nächsten Aufgaben und Ziele sind ins Leben gerufen. Ähnlich schaut es aus, wenn es darum geht an uns selber zu denken und authentisch zu sein. Jemanden zu enttäuschen oder ein Ziel zurückzunehmen, kann schon bedeuten, dass sich ein Loch auftut und wir fühlen uns wie im Fall. Nichts scheint uns zu stützen oder aufzufangen. Tiefere Ursachen zeigen sich dann sehr oft als fehlendes Urvertrauen oder erfahrenes Unwertsein. Bedingungslose Liebe würde sowas ausgleichen können.